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Freitag, 29. April 2016

Ben Sadok und die Palme…..





Ben Sadok und die Palme…..


Ben Sadok, ein finsterer Mann, ging durch eine Oase. Er war so bösartig in seinem Charakter, dass er nichts Gutes und Schönes sehen konnte, ohne es zu verderben. 
Am Rande der Oase stand eine junge Palme. Sie war schön gewachsen. Das ärgerte Ben Sadok. Darum nahm er einen schweren Stein und legte ihn der jungen Palme mitten in die Krone. Mit einem gemeinen Lachen ging er fort. 
Die Palme schüttelte und bog sich und versuchte, die Last abzuwerfen.
Doch vergebens. Zu fest sass der Stein in ihrer Krone. Da krallte sich die Palme fest in den Boden, schickte ihre Wurzeln so tief in die Erde, dass sie die verborgenen Wasseradern in der Oase erreichten, wuchs empor und stemmte dabei mit aller Kraft den schweren Stein hoch und höher,
bis die Krone mit den grossen Palmenfächern über jeden Schatten hinausreichte. 

Wasser aus der Tiefe und Sonnenglut aus der Höhe halfen dem jungen Baum, trotz seiner schweren Last eine königliche Palme zu werden. 

Nach vielen Jahren kam Ben Sadok wieder. Schadenfroh wollte er
den verkrüppelten Baum sehen, den er, wie er meinte, verdorben hatte. Er suchte ihn, aber er fand ihn nicht. Da senkte die stolzeste und höchste aller Palmen ihre Krone, zeigte ihm den Stein und sagte: 

Ich danke dir, Ben Sadok. Deine Last hat mich stark gemacht. 
Ein afrikanisches Märchen - Autor unbekannt


© Bild von: huba22  / Lizenz: CC0  / by: pixabay



;)

Sonntag, 24. April 2016

Theo





Theo


Alle haben sie gelacht!
Und wiederum hat er den Stammtisch fast im Alleingang unterhalten. Eine Anekdote nach der anderen – ihr schallendes Gelächter hat ihn zusätzlich angespornt. Heute Abend war er einmal mehr in Bestform.
Seine Sprüche kamen präzise und sein Intellekt arbeitete blitzschnell. Schlagfertig konterte er alle Bemerkungen und setzte so jeweils noch einen drauf – bis sie vor Lachen Tränen in den Augen hatten.
Trotzdem, niemanden am Tisch hat er gekränkt, denn Theo macht keine abwertenden Sprüche über andere. Wenn schon nimmt er sich selber auf den Arm, stilisierte sich hoch zu einer Witzfigur.
Gerade dann bekommt er am meisten Anerkennung. Dann ist er jemand! Man nimmt ihn wahr – doch keiner nimmt ihn ernst. Manch einer hat ihm zum Abschied anerkennend auf die Schultern geklopft. „Theo, du bisch eifach en glatte Siech,” und alle haben anerkennend genickt.

Aber was wissen die schon? Was wissen die von Theo! Keiner kennt ihn wirklich. Keiner sieht sein Inneres, keiner weiss von seinen Schmerz.

Nun ist er auf dem Heimweg – alleine.
Noch ein paar Gedanken an die vergangenen zwei Stunden. Er möchte sie für immer festhalten, denn sie haben ihm kurzfristige Linderung gebracht. Aber die quälende Einsamkeit und die Angst sind schnell wieder da. 

Noch ein kurzes Lächeln der Erinnerung und dann ist nur noch Leere.


Mehr über Einsamkeit hier


:(




Dienstag, 19. April 2016

Ich wollte nie Lokomotivführer werden




Ich wollte nie Lokomotivführer werden


Als Kind wollte ich nie, wie die anderen, ein Pilot, Lokomotivführer, Fussball-Profi oder Polizist werden. Ich wollte ein Senn sein! Der Stallgeruch hatte es mir angetan.

Natürlich lag ich auch damit wieder 'verkehrt'. Denn in unserer Familie gab es weder einen Stall, noch war jemand in der Verwandtschaft ein Bauer. Vermutlich gibt es sogar in unserem ganzen Stammbaum, seit unseren Walser-Vorfahren, kaum noch Alphirten oder Sennen.

Aber auf meinem Schulweg lagen drei Bauernbetriebe und besonders den von Bauer Hartmann besuchte ich täglich mehrmals. Ich kannte jede Kuh im Stall – es gab zwar nicht viele, aber ich war über jedes Geschehen im Stall immer bestens informiert. So dauerte mein Schulweg halt meistens auch einiges länger, als bei meinen Brüdern. War eine krank oder kam bald ein Kalb zur Welt, konnte es auch einmal noch etwas später werden. Das gab dann einigen Ärger, besonders in der Schule und manchmal halt auch Zuhause, wenn ich es übertrieb. Aber das Leben im Stall war für mich einfach spannender, als die blöde Schule und die lästigen Hausaufgaben.

Dafür hatte ich dann Zuhause, als Entschuldigung sozusagen, immer etwas Spannendes zu erzählen.
Besonders meine Mutter war, nachdem der erste Ärger abgeflaut war, an meinen Erzählungen aus dem Stall durchaus interessiert, denn sie war in der Stadt aufgewachsen. So hätte sie, erzählte sie später manchmal, auch interessiert meinem atemlos vorgetragenen Bericht über die Geburt eines Kalbes zugehört. Blöd sei nur gewesen, dass just in dem Moment, als es richtig spannend wurde und „da hinten bei der Kuh etwas herausgekommen“ sei, Bauer Hartmann zu mir gesagt hätte, es wäre nun wohl besser, wenn ich nach Hause gehen würde.

Doch in so einem Stall erfuhr man natürlich nicht nur Stallgeschichten, da war durchaus das halbe Dorfgeschehen ein Thema und ich, als aufmerksamer Zuhörer, brachte diese Neuigkeiten dann nach Hause. Damit konnte ich glänzen, im Gegensatz zu meinen schulischen Leistungen.

Schon bald hatte mein Vater für mich einen scherzhaften Übernamen gefunden: 'Early Bird' – den Namen des ersten kommerziellen geostationären Fernsehsatelliten weltweit, der damals ins All befördert wurde. Dieser 'Early Bird' konnte sagenhafte 240 Telefongespräche oder eine Fernsehsendung von weither übertragen und war damit der Beginn der internationalen Telekommunikation.

Damals, im Gegensatz zu heute, war es nicht üblich, volkstümliche Musik im Stall abzuspielen, damit die Kühe sich wohler fühlten und mehr Milch gaben. Trotzdem war ich ganz begeistert von 'Ländlermusik' und Jodel-Gesang. Natürlich wieder als einziger in der Familie. So war dann auch meine erste eigene Schallplatte aus dieser volkstümlichen Musiksparte. Diese kleine schwarze Vinil-Scheibe, ich hatte sie geschenkt bekommen, enthielt vier Jodellieder, komponiert vom „Holzgüetler“ Siegfried Zihlmann-Steffen und gesungen von der Älplerjodlergruppe Zihlmann aus Schüpfheim. 




Ein Lied darauf hiess 'Du Allerwelts Schätzeli', ein anderes 'z’Flüeli Dörfli'. Es beschreibt ein kleines Örtchen im von mir damals weit entfernten Entlebuch. Ich habe diese beiden Lied bestimmt einige hundertmal abgespielt und noch heute, nachdem ich sie Jahrzehnte nicht mehr gehört habe, erzeugten sie bei mir noch immer die gleichen Empfindungen wie damals. (Hier eine Coverversion)

Einige Jahre später habe ich dann, weit ab von Zuhause, in einer grossen Stadt, ein nettes 'Mädchen' aus genau diesem 'Flüeli Dörfli’ getroffen. Sie blieb während dreissig Jahren meine Partnerin …
Zufall oder Vorhersehung?


Um eine 45er Vinylschallplatte  und eine Kindererinnerung geht es auch in einer früheren Anekdote


:)

Sonntag, 17. April 2016

Ich küsse nicht gerne



Ich küsse nicht gerne


Ich mag sie einfach nicht – diese imaginären Luftküsse, links und rechts, knapp an den Ohren vorbei, zur Begrüssung oder zum Abschied. Wange an Wange mit Frauen, die ich kaum kenne, das ist mir einfach zu nahe, zu eng und zu intim. Ich finde es ehrlicher, sich anständig die Hand zu geben und in die Augen zu sehen. Denn in den Augen des Gegenüber, erkenne ich mehr, als an seinen Ohrläppchen.

Aber vielleicht ist die Abneigung gegen diese Begrüssungs-Küsserei auch einfach ein Trauma aus Kindertagen … (hier: Loni - ein Albtraum)

Nicht, dass ihr jetzt denkt, ich sei ein genereller Kussmuffel!
Nein – aber ich bevorzuge für solche 'Lippenbekenntnisse' einfach die richtige Person und die passende Situation. Ich küsse nicht jede zur Begrüssung und umarme schon gar nicht jeden, auch wenn sich das unter Männern immer mehr verbreitet. Ich habe nichts gegen eine Umarmung zwischen Vater und Sohn als Zeichen von Verbundenheit und Respekt; obschon, bei meinem Vater hätte ich das nie gemacht. Das war damals bei uns einfach nicht üblich.

Mir ist es unangenehm, wenn ich von Personen geküsst und umarmt werde, die ich noch nicht lange kenne oder die mir eigentlich gar nicht sonderlich sympathisch sind.
Doch wie mache ich das in einer Gruppe? Da müsste ich ja eine Auswahl treffen. Das geht natürlich nicht – entweder alle oder keine. Ich habe mich für keine entschieden.

Doch das kommt nicht immer gut an und so trete ich bei weiblichen Kuss-Fans manchmal ins Fettnäpfchen. Sie will, ich nicht!
So einmal geschehen bei einer Arbeitskollegin, die in einer ganzen Gruppe von mir fremden Frauen stand. Meine Kollegin und ich hatten uns bei der Arbeit noch nie zur Begrüssung geküsst, nicht einmal die Hand gegeben. Aber an dem Tag … ich hielt natürlich bei allen eine Armlänge Distanz, auch bei Ihr, wie immer.
Die Reaktion kam am nächsten Arbeitstag: „Du hast mich vor den Anderen schön blamiert!” funkelte sie mich böse an. „Aber wir hatten doch bisher noch nie …” meinte ich etwas verlegen. „Ja schon, aber heute ist das eben üblich – ich stand vor meinen Kolleginnen da wie ein Depp!”, giftelte sie mich an.

Seit diesem Vorfall bin ich mit dem Begrüssungskuss etwas 'grosszügiger’ geworden – wenn es sich gar nicht vermeiden lässt – denn ich will ja niemanden kränken.
Doch noch immer gehe ich erstmal mit ausgestrecktem Arm auf die Leute zu, um den Abstand zum Gegenüber zu steuern. Doch nicht selten treffe ich dann auf Frauen, die das Küsschen-Ritual regelrecht einfordern. So stehe ich dann steif da und lasse mich zum Ritual hin und her zerren.
Scheinbar muss ich diese Menschen ans Herz drücken, auch wenn mir das unangenehm ist. Oder habe ich als Mann eine faire Chance diese Begrüssungsform zu vermeiden, ohne die Frauen zu verletzen?

Diese 'gesellschaftliche Küsserei' auf die Wangen ist, zumindest bei uns, ja nicht althergebracht oder kulturell begründet.
Zwar kennt man den gehauchten Wangenkuss bereits seit frühchristlicher Zeit – als 'Friedenskuss', dem Zeichen einer vollständigen Versöhnung und Freundschaft.

Auch der Wangenkuss mit darauffolgendem festem Schmatzer auf den Mund, von Mann zu Mann,  der sogenannte 'Bruderkuss', hat Tradition und war vor allem in der sozialistisch Zeit der Sowjetunion bei uns bekannt, denn es war die höchste Ehrerbietung unter befreundeten Staatsmännern. Sicher erinnert man sich noch an den Berühmtesten unter ihnen, Honecker und Breschnew, zwei alte, graue und faltige Männer, die die  Lippen aufeinander drücken. Für mich schwer zu ertragen, sogar als Bild auf der Berliner Mauer.
Daraufhin wurden Umarmungen und Küsschen unter scheinbar befreundeten Politikern als politische Machtdemonstration auch andernorts immer häufiger. Doch waren das immer wirkliche Freunde?





Umarmungen zur Begrüssung zwischen Männern oder zwischen Frauen  haben vor allem in der arabisch-muslimischen Welt eine lange Tradition. Doch öffentliche Berührungen zwischen den Geschlechtern, wie bei uns, sind dort vielerorts sogar verboten.
Diese Begrüssungsformen kennt man bei uns eher von südlichen Ländern. Auch in Frankreich hat diese Form von Umarmung mit Küsschen, die sogenannte Akkolade, Tradition, während bei uns noch lange und bis noch vor wenigen Jahrzehnten der Handkuss als korrekter, sehr formaler Gruss galt. Es war die allgemein übliche Ehrerbietung an eine geachtete Dame. Bis dann diese  bacio- bacio -Welle aus den südlichen Ländern zu uns herüber schwappte.
Zuerst, so meine ich, bei der 'Prominenz’, und dort besonders bei den Schauspielerinnen. Da wollte man vermutlich grosse Herzlichkeit demonstrieren, obschon man doch weiss, dass kaum woanders, Neid und Missgunst weiter verbreitet sind.
Inzwischen gehört, was früher dieser 'Glamourwelt' vorbehalten blieb, auch bei uns 'Normalen’ schon fast zum guten Ton.

Küsschen da, Küsschen dort, Küsschen … – ja wie oft denn eigentlich?
Denn man küsst sich nicht überall gleichviel.
In Japan, beispielsweise, ist eine Umarmung unter Erwachsenen verpönt. Auch in Schweden küsst man gar nicht – wenigstens nicht zur Begrüssung. In Deutschland, Italien und Österreich macht man es meist zweimal und in der Schweiz gibt man sich gar drei Backen-Schmatzer (hier muss man aber auch alles übertreiben …).
Nur in Paris küsst man mehr, nämlich sogar viermal! – Aber Achtung im Resten Frankreichs macht man es wieder nur zweimal – das heisst – man braucht im westlichen Nachbarland fast eine Landkarte um sich über die obligatorische Anzahl der “bises” in 'La Grande Nation' zu informieren: eines in der Bretagne, zwei in Lyon, drei im Midi, vier südlich von Nantes und sogar fünf in einigen Binnenregionen von Korsika.

Und, man küsst sich nicht überall gleich.
Da gibt es Regeln zu beobachten, sonst entstehen peinliche Situationen – entweder du hängst mit deinen Lippen plötzlich verloren in der Luft oder es gibt einen Zusammenstoss der Nasen oder schlimmer noch, ein verrutschter Kuss landet direkt auf dem Mund und du stehst dann da wie ein begossener Pudel.
Also, erst rechts, dann links, so ist es bei uns. Aber schon in Frankreich wird es kompliziert, denn dort fängt man im Süden mit der linken und im Norden mit der rechten Wange an.
Und, was manche vielleicht nicht wissen: Auch bei uns gilt, je höher die soziale Stellung, desto weniger wird richtig geküsst. So einen herzhaften, geräuschvollen Schmatzer gibt man sich eher unter dicken Kolleginnen, in der  'feinen Gesellschaft' wird nur noch unhörbar gehaucht. Wichtig dabei ist, dass man die Lippen nicht spitzt.

Zum Schluss noch eine gute Nachricht für andere Begrüssungskuss-Muffel:
Unter Geschäftspartnern küsst und umarmt man sich strikte nicht! – Das ist mir sympathisch!



;)


Dienstag, 12. April 2016

Einfach nichts mehr da!




Einfach nichts mehr da!

Manchmal habe ich Angst, dass plötzlich nichts mehr da ist.
Unbemerkt schleicht es sich langsam davon und dann werde ich – vielleicht eines Morgens beim Aufwachen – erschrocken feststellen, dass alles weg ist!
Vermutlich bemerke ich es, weil ich mich wundere, wer neben mir liegt.
Kenne ich die? Gehört sie zu mir oder liegt sie zufälligerweise dort?
Ich weiss es nicht!
Nichts ist mehr da, mein Gedächtnis ist einfach verschwunden.

Damit sind auch all die schönen Momente in meinem Leben weg.
Die Kindheitserinnerungen, der erste Kuss, die Hochzeit oder das unbeschreibliche Glücksgefühl, als ich meine Buben das erste Mal in meinen Armen hielt.
All diese 'unvergesslichen' Glücksmomente sind einfach vergessen.
Keine Erinnerungen an die Eltern, an die Lebenspartnerinnen oder an all die anderen wichtigen Dinge in meinem Leben. Was war beruflich, wo war ich auf Reisen, was habe ich alles erlebt?
Keine Ahnung! Es ist einfach nichts mehr da.
Meine Eigenart, meine Identität, ja mein ganzes Leben ist einfach verschwunden.

Vorhin habe ich mich gefragt, ob es auch bei mir mal so kommt, wie damals bei meiner Mutter?
Ob auch bei mir einmal die Diagnose 'Alzheimer' lautet?

Aber eigentlich brauche ich mir deswegen doch gar keine Gedanken zu machen.
Denn in dem Moment, an dem ich mich an nichts mehr erinnern werde, werden nicht nur alle schönen Erlebnisse verschwunden sein, sondern auch die sorgenvollen Gedanken, die mich gerade beschäftigten.



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Sonntag, 10. April 2016

Problemlose Problemlösungen





Problemlose Problemlösungen

Täglich ein probiotisches Joghurt zur Traumfigur in zwei Wochen. Straffe Haut und jugendliches Aussehen bis ins hohe Alter dank einer Anti-Aging-Creme und weisse Raucher-Zähne über Nacht mit der Bleaching-Zahnpaste. Ein Pülverchen gegen Haarausfall und Po-Push-Up-Slips für einen Hintern wie der von Kim Kardashian. Eine Selfie-App für das perfekte Porträt im Online-Dating-Portal. Die blaue Pille davor gegen Potenzprobleme, die Pille danach gegen ungewollte Kinder. Brausetabletten gegen Müdigkeit und Lifestyle-Medikamente gegen Stress.
Fünfhundert Facebook-Freunde gegen Einsamkeit und eine populistische Parteien gegen Migrantenströme und Überfremdungsängste — so werden heute komplexe Probleme gelöst.

© Copyright by Herr Oter



;)

Samstag, 9. April 2016

Die Mücke wird zum Elefanten geschüttelt





Die Mücke wird zum Elefanten geschüttelt
oder wie Händeschütteln die Medien beschäftigt.

Ein Händedruck, oder eben die Verweigerung desselben, gibt in der Schweiz momentan viel zu reden.
Denn in Therwil wollen zwei pubertierende, muslimische Brüder ihrer Lehrerin partout die Hand nicht geben. Sie argumentieren religiös – einige islamische Rechtsschulen (z. B. die nach Imam Shafi'i) verbieten die Berührung einer fremden Frau. Angeblich verweigern sie sich selbstständig, weil die 14 und 15 Jahre alten Muslim-Buben in ihrem Kulturkreis als volljährig gelten.
Die Lehrerin fühlt sich ob des verschmähten Handschlags nicht zuletzt als Frau diskriminiert, und lässt sich das nicht bieten.
Dank einer Händedruck-Dispens der überforderten Schulbehörde, schütteln nun die beiden jugendlichen, offenbar sehr religiösen Syrer, die aber in der Schweiz aufgewachsen sind, weder die Hände der Lehrerinnen noch die der Lehrer, sondern grüssen alle mit einem mündlichen höflichen Gruss um damit eine Diskriminierung zwischen den Geschlechtern zu beseitigen.

Der ungeheuerliche Handstreich, der bereits im letzten November seinen Anfang nahm, wurde nun von einer pensionierten Lehrerin in einer TV-Sendung an die Öffentlichkeit gezerrt und hat landesweit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Aber ob die ehemalige FDP-Kantonsrätin dieser Sache einen guten Dienst erwiesen hat, wage ich zu bezweifeln. Denn dieser verweigerte Handschlag schlägt nun hohe Wellen und schwappt zum Teil sogar über unsere Landesgrenzen hinaus.

Von «absolut inakzeptabel» über «im Koran gibt es kein Berührungsverbot in dem Sinne» oder «das entspreche dem Lebensstil des Propheten» bis zu «mehr Toleranz gegenüber Andersgläubigen» sind alle Meinungen von rechts bis links vertreten.
Eine Bundesrätin, zahlreiche Politiker aller Parteien, Vertreter von Lehrerverbänden und unzählige Kommentatoren in den Zeitungen und auf den sozialen Medien diskutieren nun über einen unbedeutenden Einzelfall und wieder benutzen nicht wenige diese Gelegenheit, um generell gegen Ausländer – und Muslime im Speziellen – zu stänkern.

Ich meine, es ist schlicht lächerlich, dass diesem Extremfall mit zwei Pudertierenden eine solch prominente Plattform geboten wird. Es führt höchstens dazu, dass diese läppische Geste wieder einmal instrumentalisiert wird und achtundneunzig Prozent der muslimischen Bevölkerung unter einen Generalverdacht gestellt werden.

Klar, es geht um mehr als einen einfachen Händedruck.
Es geht um Fragen wie Gleichstellung und Anstand, Respekt, und Frauenwürde – die christliche Frauenwürde, wohlverstanden. Denn niemanden interessiert in dieser Diskussion, was gläubige Muslimas empfinden, wenn christliche Männer ihnen unbedacht die Hand geben.
Ich habe mich bei drei somalischen Frauen erkundigt. Sie tragen farbige Kopftücher und zelebrieren den Ramadan nach strengen Regeln. Das ist ihnen wichtig. Weil sie hier wohnen, ergreifen sie jede ausgestreckte Hand, auch wenn sie sich dabei gar nicht wohl fühlen. Aber so seien hier die Regeln und sie passten sich an, sagen sie. Ich habe ihnen versprochen, sie weiterhin herzlich zu begrüssen, die meine Hände jedoch aus dem Spiel zu lassen. So, wie ich es zukünftig bei allen mit einem Kopftuch machen werde, den auch diese Frauen haben eine Frauenwürde!

Der Händedruck hat aber auch zu tun mit Religionsfreiheit, Fundamentalismus, Integration und der Anpassung der Zugezogenen an die Regeln eines anderen Kulturkreises in einem fortschrittlichen Land, das sie ja freiwillig als Wohnsitz gewählt haben. Denn wie wollen sich solch radikale Jugendliche hier integrieren, eine Lehrstelle finden oder später einmal wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen, wenn sie die hier herrschenden Anstandsregeln nicht beachten und die Frauen weder achten wollen, noch sie als ihre Vorgesetzten akzeptieren können? Ich meine, dann sind sie hier einfach am falschen Platz.

Aber auf ihrem 'Mist' alleine ist diese extreme Überzeugung, trotz angeblicher Volljährigkeit, vermutlich ja auch nicht gewachsen. Kein Kind will sich freiwillig so ausgrenzen. Diese Burschen haben bestimmt Unterstützung ihres Vaters erhalten, der teilzeitlich als Imam in einer Basler Moschee arbeitet und scheinbar ein radikales Verständnis des Islam lebt. Diese Moschee soll gemäss Medienberichten einer Stiftung gehören, die mit Geld aus Saudi-Arabien finanziert wird. Dementsprechend sollen dort auch vermehrt extreme Muslime aus dem arabischen Raum verkehren. Von einem der beiden Schüler wird zudem berichtet, dass er möglicherweise mit der Terror-Miliz 'Islamischer Staat' (IS) sympathisiert.
Solchen Radikalisierungstendenzen ist natürlich entschieden entgegenzutreten und aufkeimende Parallelgesellschaften sind mit allen Mitteln zu verhindern!
Ich frage mich dabei nur, warum hierzulande nicht auch Moscheen, gleich wie unsere Landeskirchen finanziert werden müssen und nur Imame zugelassen werden, die an einer hiesigen Universität ausgebildet wurden. Auch sollten alle Moscheen, natürlich ihren Gepflogenheiten entsprechend, für jedermann geöffnet sein und es müsste dort zwingend in einer der Landessprachen gepredigt werden, damit auch alle verstehen können, was dort gelehrt wird.

Ich musste als Kind nie einer Lehrerin (oder einem Lehrer) die Hand geben. Nicht einmal Fräulein R. Berger und sie war doch der Inbegriff von Korrektheit, Anstand und dem guten Umgang miteinander. Trotzdem war sie für uns eine Respektsperson, wie alle Lehrer damals. Denn schlussendlich fängt der Respekt im Hirn an, nicht bei der Hand. Wirklichen Respekt muss man sich erschaffen, der kann nicht erzwungen werden.
Auf der anderen Seite ist die Schule eine staatliche Institution und hat darum, aus meiner Sicht, konfessionell neutral zu sein. In der Schule wie im Staat, sollen die Regeln für alle gelten!

Klar, das Händeschütteln gehört zu unserer Kultur.
Heute wird es leider zu oft von der leidigen 'Luftküsserei' verdrängt. Wange an Wange – das mag ich nicht. Das ist mir zu nahe und auch zu viel – besonders hierzulande, wo man inzwischen sogar dreimal muss.
Da ist mir ein anständiger Händedruck schon lieber, wenn überhaupt. Denn auch den dürfen wir nicht überbewerten. 2008, zur Zeit der Schweinegrippe oder jährlich zur Grippesaison, empfiehlt sogar das Bundesamt für Gesundheit auf das Händeschütteln zu verzichten; ein kleines Nicken würde auch genügen. Da ging es doch auch ohne – vielleicht, weil es zu unserem Wohle war … ?
Hände sind schmutzig. WC-Türfallen, Automatentastaturen, Treppengeländer, Handgriffe oder Einkaufswagen – die Keime lauern überall und am liebsten werden Infektionen mit den Händen übertragen (zu 80 %).
Warum also geben wir uns noch immer die Hände?
Die beliebteste Erklärung ist: Wer die Hand ausstreckt, öffnet seine Deckung, verringert die Distanz und zeigt mit dem minimalen Körperkontakt seine gute Absicht.
Doch staatstragend oder kulturbewahrend ist das nicht.

Wir könnten doch auch die Nasen aneinanderreiben wie die Inuit. Oder uns tief verneigen, wie das 'Konnichiwa' der Japaner. Auch uns mit einer leichten Verbeugung einfach die Hände vor die Brust halten, wie das Namaste in Indien oder das 'Wai' in Thailand. Das wäre doch eine besonders schöne Begrüssung für eine Lehrerin. Aber eben, bereits diese kleine Verbeugung vor einer Frau, ist für diese beiden fundamentalistischen Jugendlichen scheinbar bereits ein Problem, denn damit müssten sie die Frau ehren und das wollen diese extremen Fundamentalisten eben nicht.
© Copyright by Herr Oter  (April 2016)



 © Bild von: waldiwkl   / Lizenz: CC0   / by: pixabay





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Dienstag, 5. April 2016

Der letzte Blumenstrauss




Der letzte Blumenstrauss

 
Nun ist er nicht mehr.
Das geht nicht ganz spurlos an mir vorbei, denn ich mochte ihn. 

Wir hatten uns gut verstanden - wir zwei 'Kleingewerbler’, wie er oft sagte. Obschon, klein war nur ich, er war grösser. Sein Produktionsbetrieb beschäftigte einige Mitarbeiter mehr.
Trotzdem fanden wir immer ein gemeinsames Thema: das 'Geschäften', die Strategien, die Werte, die schwierigen Umstände, das Loslassen und manchmal auch die Ehefrauen.


Seine verlor er früh an die Endlichkeit. Vielleicht schwärmte er darum so oft von ihr. 

“Sie war halt eine ganz besonders Gute”, sagte er immer wieder. „En Chrampfchaib, weisch.” Familie, Geschäft, Freunde – alles habe sie unter einen Hut gebracht. Leider habe er das nicht immer genug geschätzt. Zu viel sei er gehässig, gestresst – manchmal auch überfordert und unsicher gewesen. „Wahrscheinlich deswegen war ich auch oft hart und unerbittlich.”
Aber es brauche vermutlich gewisse Eigenschaften um grossen Erfolg zu haben, doch die würden dann nicht immer gleichzeitig zu einem toleranten, verständnisvollen Ehemann passen.
Ich habe ihn verstanden. Wie so oft waren nur wenige Worte zwischen uns nötig, um ein ganzes Lebensgefühl zu beschreiben.

Später heiratete er dann nochmals – eine jüngere, besonders attraktive Blonde. Aber von ihr schwärmte er nie.
Ein richtiges Mauerblümchen sei sie damals gewesen, haben mir andere erzählt, schüchtern, gehemmt und mit fast fünfzig immer noch ledig.

Im Heim, viele Jahre danach, als ich die beiden kennenlernte, war sie dann genau das Gegenteil. Denn dort hängte sie sich mit der Zeit den Männern an den Hals, liebäugelte mit jedem und später forderte sie sogar Fremde zum Küssen auf. Das war peinlich, doch Schuld war ihre Demenz!
Diese Krankheit veränderte die Frau mit siebzig komplett. Manchmal schämte ich mich für sie und er tat mir leid, denn das war nicht mehr die, die sie mal war.

Anfangs, so erzählte man mir, hätten sie deswegen oft gestritten, laut, hemmungslos, auch mitten im Speisesaal oder im Café. Manchmal sei er auch grob zu ihr gewesen – ich denke, er verstand sie einfach nicht mehr, besonders in gewissen Momenten. Denn beide hatten Mühe mit der Realität – was ist jetzt, was war mal. Manchmal vermischt sich alles und dann hat man vieles nicht mehr unter Kontrolle, auch sein eigenes Tun nicht einmal mehr.

Später haben ihn ihre Ausfälligkeiten scheinbar kalt gelassen, wenigstens liess er sich nichts mehr anmerken. Teilnahmslos schaute er ihr beim unermüdlichen Tanzen zu, ihre Schäkereien mit anderen ignorierte er einfach oder spülte sie mit einem Schluck Wein runter. Interessierte seine Frau ihn überhaupt noch? Denn langsam war er in sich versunken, ins Früher, ins Desinteresse und in die Teilnahmslosigkeit.

Irgendwann waren beide stiller geworden, sie kam in den Rollstuhl, ihn sah man immer weniger.

Dann, vor zehn Tagen, musste sie ins Spital. Nichts Ernstes. Er hatte es ruhig hingenommen. Nach einigen Tagen würde sie ja zurückgebracht.

Doch plötzlich blühte er dann auf und ging geschäftig umher.
Ein schöner Empfang für die Rückkehr seine Frau müsse es werden: Seine Kinder würden da sein, die wenigen Freunde von früher würden am Tisch sitzen und für alle habe er ihr Lieblingsessen bestellt.
Das Fest wurde dann genau so, eindrücklich und fröhlich. Er, gekleidet wie schon lange nicht mehr.
Irgendwann wurde vom Gärtner ein riesiger Blumenstrauss geliefert. Er nahm ihn am Eingang persönlich in Empfang und brachte ihn ihr an den Tisch. Sie küssten sich innig. „Du bist ein ganz Lieber”, flüsterte sie ihm zu und streichelte zärtlich über seine Wange. Beide strahlten sich an, als wäre es nie anderes gewesen.
Er war sichtlich stolz, der grosse „Gwerbler” hatte noch einmal alles gegeben – für seine geliebte Frau. Alles war gut!

Am Abend musste er dann notfallmässig ins Krankenhaus und kam nie mehr zurück.




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