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Dienstag, 5. Januar 2016

Ist ein Marder Schuld an vier Morden?




Ist ein Marder Schuld an vier Morden?

Im Juni 2015 zersplittert eine Wohnzimmerscheibe in einem Dorf im Aargau. Der Grund war ein Querschläger aus der Schrotflinte eines Jagdaufsehers, der von der Polizei den Auftrag hatte, einen Marder von seinem Leiden zu erlösen. Etwa 100 Schrotkugeln durchdrangen den Storen. Zum Glück war der Mieter der Parterrewohnung, ein 19-jähriger Mann, nicht Zuhause und es kam niemand zu Schaden.

Sein herbeigeeilte Vater und der junge Mieter erhoben im regionalen TV-Sender jedoch schwere Vorwürfe gegen den Jäger: «Wäre ich da gewesen und hätte die Wäsche vor dem Fenster abgenommen, wäre es nicht so gut herausgekommen.»
Gegen den Jäger, läuft ein Verfahren wegen des Fehlschusses.
Den Schaden wird die Versicherung des Jägers inzwischen bezahlt haben – unklar bleibt, ob sich der Jäger und der Geschädigte mit seinem Vater, inzwischen über den Umfang der Entschuldigung einigen konnten.

Ein alltäglicher Fall, der in den regionalen Ausgaben der Medien zum Teil erwähnt wurde; bei der grössten Tageszeitung der Schweiz (Blick) fand ich ihn online nicht.


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Ein ganz anderes Verbrechen erschüttert sechs Monate später die ganze Schweiz.
In einer anderen Aargauer Gemeinde (ca. 5 km entfernt) findet die Polizei am 21. Dezember nach einem Hausbrand vier Leichen. Die Mutter mit ihren zwei jugendlichen Söhnen und die Freundin des Älteren wurden vor dem Brand erstochen, nachdem die 48-jährige Mutter zuvor eine unbekannte Menge Geld auf der Bank abgehoben hat.

Ein besonders brutaler und schockierender Fall über den alle Medien seit zwei Wochen fast täglich berichten, obschon die Ermittlungsbehörden absolut keine Erkenntnisse weitergeben. Scheinbar wissen sie mehr als sie sagen …. - oder tappen noch im Dunklen …  Jedenfalls wird in gewissen Medien wild über den rätselhaften vierfachen Mord spekuliert, kombiniert und manchmal Haarsträubendes an den Haaren herbeigezogen um die Gazetten zu füllen.


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Ein Beispiel:
Die beiden oben geschilderten Fälle haben aus meiner Sicht gar nichts miteinander zu tun.
Oder doch? Der 'Blick' jedenfalls hat einen Zusammenhang gefunden:
Der Vater des Wohnungsmieters im ersten Fall soll der Freund der getöteten Mutter im zweiten Fall sein. Das ist der einzige, äusserst schwache Bezug der beiden Geschehnisse.
Nichts­des­to­trotz titelt der 'Blick' heute in seiner online Ausgabe knallig:

Rätsel-Morde von Rupperswil
Hat dieser TV-Auftritt etwas mit der Tat zu tun?

Daraufhin wird die ganze Geschichte vom vergangenen Juni nochmals aufgewärmt. Keine aktuelle Erkenntnisse, keine neuen Fakten – alle damals Beteiligten geben nicht mehr Auskunft zu dieser alten, lauen Geschichte.
Trotzdem füllt das Boulevardblatt mit einem der abscheulichsten Mordtaten der letzten Jahre und einem nun schweizweit bekannten Dorfnamen, sowie einem reisserischen Titel schändlich seine Zeitungsspalten und lockt damit Leser auf seine Webseite. Gut für die Auflage, resp. die 'Klicks' – gut für die Inserenten, noch besser für die Kasse des Herausgeber!


Aber die Frage nach dem Zusammenhang der beiden Geschichten bleibt weiterhin offen?
- Warum hat der TV-Auftritt von Vater und Sohn «indirekt» etwas mit dem ungelösten Vierfach-Mord zu tun?
- Was verbindet eine harmlose Meldung über eine zerbrochene Fensterscheibe mit dem grausamen Verbrechen an einer vierköpfigen Familie?
- Was hat der Jagdaufseher mit dem abscheulichen Verbrechen zu tun?
- Ist der Sohn beteiligt? Der Vater ist es sicher nicht, das wurde bestimmt längst überprüft.

Oder – ist gar der arme tote 
Marder Schuld an den an vier Morden? 


 © Bild von: skeeze   Lizenz: CC0   by: pixabay 



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